Archiv der Kategorie: Die Morde

Die Akte (4): Rudolf Scheer (13.Februar 1929)

Vier Tage nach dem Auffinden der Leiche der Rosa Ohliger kam es in der Nähe zu einem weiteren Mord. Der Invalide Rudolf Scheer lebte in der Rosmarinstraße, war von Beruf Maschinist und 53 Jahre alt.[1] Am späten Abend besuchte er mehrere Wirtschaften in der Nähe, kaufte gegen 23 Uhr noch ein Kotlett für seinen Sohn, der krank zu Hause lag und begegnete dann, leicht angetrunken Peter Kürten. Am nächsten Morgen fanden Arbeiter die Leiche am Hellweg.[2]
Bei der Leiche zählte man 20 Stiche, davon sehr viele im Nackenbereich, was dafür sprach, dass der Mann von hinten angegriffen wurde. Dazu kam ein Stich in die Schläfe. Abwehrverletzungen wies sie nicht auf.[3]
Aus Kürtens Sicht sah der Fall so aus: Kürten war an diesem Abend lange unterwegs gewesen, um ein Opfer für seine Gewalttaten zu finden. Er befand sich schon auf dem Weg nach Hause, da seine Frau gegen 1 Uhr von der Arbeit kommen würde. Da begegnete ihm Rudlof Scheer. Der Invalide rempelte ihn an, daraufhin versetzte Kürten ihm einen Stoß. Der Mann fiel hin und Kürten zog seine Schere und stach auf ihn ein. Scheer brach zusammen. Kürten zerrte ihn dann in den Graben und ging davon, kehrte aber kurz darauf wieder um, um die Stiefelschäfte von seinen Fingerabdrücken zu reinigen.
Am nächsten Morgen ging er wieder zum Tatort und traf auf dem Weg dahin einen Kriminalbeamten, mit dem er ein Gespräch anfing. Als dieser misstrauisch wurde und Kürten fragte, woher er vom Mord wüsste, erklärte dieser, er habe telefonisch davon erfahren. Der Kriminalbeamte forschte nicht weiter nach. [4]
Mit dem Fall Scheer endete die erste Mordserie im Februar 1929.

 

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[1] Ernst Gennat: Die Düsseldorfer Sexualverbrechen, S.10.
[2] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.16.
[3] Karl Berg: Der Sadist, S.75f.
[4] Karl Berg: Der Sadist, S.119f.
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Die vollen bibliographischen Angaben, soweit hier nicht genannt, sind am unteren Ende der Seite aufgeführt.

Die Akte (3): Rosa Ohliger (08.Februar 1929)

Am 8. Februar 1929 machte sich Rosa Ohliger, eine acht Jahre alte Schülerin, in der Rosmarinstraße, wo sie bei einer Freundin gewesen war, kurz bevor es dunkel wurde auf den Heimweg. Doch dort sollte sie nie ankommen. Am nächsten Tag, einem Samstag, fand man ihre mit vielen Stichwunden versehene Leiche, die mit Petroleum übergoßen und angezündet worden war, an einem Bretterzaun an der Ostseite der Vinzenzkirche. Hinter dem Bretterzaun wurde gerade eine Badeanstalt errichtet – der heutige Düsselstrand an der Kettwiger Straße.[1]
Die Leiche war vollständig bekleidet, die Stiche gingen durch Mantel und die anderen Kleidungsstücke hindurch. Der Gerichtsmediziner Karl Berg fand 13 Stichwunden, von denen fünf das Herz trafen. Außerdem wurde festgestellt, dass der Täter das Mädchen vorher zur Bewusstlosigkeit gewürgt hatte und erst anschließend auf sie einstach.[2]
Kürten bestätigte später die Schlussfolgerungen des Gerichtsmediziners. Außerdem gab er an, dass er anschließend nach Hause ging, sich auf Blutflecke untersuchte (aber keine fand) und die Schere reinigte. Danach fuhr er ins Kino, da er noch ein „Freibillet“ hatte. Nachdem er nach Hause zurückgekehrt war, füllte er eine Flasche mit Petroleum aus der Petroleumlampe und ging zurück zum Tatort. Aufgrund vieler möglicher Zeugen ließ er von seinem Vorhaben ab, lehnte die Flasche an den Zaun und ging. Am nächsten Morgen lief er gegen 6 Uhr schnell zum Tatort, der schlecht einsehbar war, übergoß die Leiche und zündete das Petroleum an, um „die Empörung noch zu steigern.“[3]
Die Tat, das Anzünden der Leiche und die wiederholte Rückkehr an den Tatort erregte Kürten ebenso wie die Zeitungsmeldungen. Im Gespräch mit Prof. Sioli gab er später an, wie es auf ihn wirkte:
„Die Wirkung war in den meisten Fällen noch intensiver als wie bei Begehung der Tat, aber auch nicht in allen Fällen. Dazu mag beigetragen haben, daß ich die Zeitung meistens da gelesen habe, wo sie ausgehangen waren, daß um mich herum viele Leute standen, die sich auch über die Tat entsetzten[…]“[4]

Mit der Ermordung der kleinen Rosa Ohliger erregte Kürten erstmals die Düsseldorfer Öffentlichkeit, die damals noch nicht wissen konnte, dass dieser Kindermord erst der Auftakt einer beispiellosen Mord- und Überfallserie war.

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[1] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.15f.
[2] Karl Berg: Der Sadist, S.72ff.
[3] Karl Berg: Der Sadist, S.118f.
[4] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.206f..
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Die vollen bibliographischen Angaben, soweit hier nicht genannt, sind am unteren Ende der Seite aufgeführt.

Die Akte (2): Apollonia Kühn (3.Februar 1929)

Die unheimliche und monströse Mord- und Überfallserie Peter Kürtens begann am 3.Februar 1929. Der Fall Kühn erregte zunächst keine Aufmerksamkeit, das Opfer überlebte den Überfall. Was war geschehen?
An diesem Tag, es war ein Sonntagabend[1], befand sich Apollonia Kühn, 55 Jahre alt, gegen 21 Uhr auf dem Weg zu ihrer Wohnung in der Bertastraße. In einer dunklen Straße neben einem Feld wurde sie von einem Mann angesprochen. Dann fing er plötzlich an auf sein Opfer einzustechen. Das Messer traf Gesicht, Hände, Arme und den Hinterkopf, insgesamt 18 Stiche. Als die Frau schreiend zu Boden fiel, ließ der Täter von ihr ab und ging. Die Frau beschrieb den Täter als schlank, etwa 30 Jahre alt, mit dunklem Mantel und Hut.[2]
Erst nach der Aussage Kürtens fand man heraus, dass in Wahrheit eine Schere das Tatwerkzeug war  – und das ein Teil einer Spitze noch am Scheitel im Knochen eingekeilt war. Bei einer späteren Gegenüberstellung konnte Frau Kühn Kürten nicht identifizieren.[3]
In der Haft sagte Kürten aus, dass er an besagtem Tag unterwegs war um irgendeine Straftat zu begehen. Als er dann Frau Kühn auf dem Weg sah, fiel die Entscheidung willkürlich, sie anzugreifen. Als er die Tat ausführte, hatte er eine Erektion und kam auch zur Ejakulation. Die gleiche Erregung erfaßte ihn, als er am gleichen Abend zum Tatort zurückkehrte, als er im Laufe des Jahres den Tatort besichtigte und als er die Meldung in der Zeitung las.[4]
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[1] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.202.
[2] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.15.
[3] Karl Berg: Der Sadist, S.118f.
[4] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.202ff..

 

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Die vollen bibliographischen Angaben, soweit hier nicht genannt, sind am unteren Ende der Seite aufgeführt.

Die Akte (1): Christine Klein (Juni 1913)

Im Jahr 1913, er war gerade aus der Haft entlassen worden, schlug sich Kürten im Sommer mit Diebstählen durch. Er hatte sich darauf spezialisiert in Wirtshäuser einzubrechen, in denen unten die Wirtschaft und oben die Wohnungen der Gastwirte waren. Kürten kam im Juni in seine Geburtsstadt Mülheim, die in diesem Jahr nach Köln eingemeindet wurde. Zeitgleich war in Mülheim Kirmes. Schließlich kam Kürten zur Wirtschaft Klein und brach gegen 22/23 Uhr in die Wohnung ein. Er hatte keinen Erfolg und fand keine Wertsachen. In einem Zimmer stieß er dann auf die schlafende 10jährige Tochter der Wirtsleute, Christine. Kürten würgte das Kind, das sich heftig wehrte und tötete es schließlich mit vier Stichen seines Taschenmessers[1] in den Hals. Nach Kürtens Aussage dauerte der Mord weniger als drei Minuten. Schon bei diesem Mord ist Kürten fasziniert davon „das Blut rauschen zu hören“.[2] Im Anschluß an die Tat fuhr Kürten zurück nach Düsseldorf und der Mord blieb unaufgeklärt. Erst sein Geständnis 1930 wird ihn mit dem Fall in Verbindung bringen. Später attackierte er in Gerresheim einen Mann, der auf einer Bank saß, von hinten mit einem Beil, das er in der Nähe geklaut hatte. Der Mann überlebte.[3]
1930 antwortet er in der Haft auf die Frage, wann und wie man ihm hätte helfen können:
„Ich glaube, die sicherste Hilfe wäre die gewesen, wenn die Straftat von 1913 entdeckt worden wäre und ich wäre da hingerichtet worden.“[4]

Am Ende des Jahres 1913 sitzt Kürten wieder in Haft, aus der er erst 1921 entlassen wird.

Tatort (1): Fall Klein

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[1] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.226.
[2] Karl Berg: Der Sadist, S.113f. Siehe auch: Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.226.
[3] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.228.
[4] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.137.
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Die vollen bibliographischen Angaben, soweit hier nicht genannt, sind am unteren Ende der Seite aufgeführt.